Rufschaden von Unternehmen als Folge Hetze auf Twitter
Unter der Maske der Meinungsfreiheit darf man in der Öffentlichkeit vieles verlautbaren. In den sozialen Medien geht das sogar noch etwas weiter, denn dort ist man Ironie und Provokation gewöhnt. Vor allem Äußerungen auf Twitter sollte man nicht so ernst nehmen. Es gibt jedoch Fälle, in denen eine systematische undifferenzierte Berichterstattung zu ernstem Rufschaden führen kann. Thomas van Vugt, Niederländisch Rechtsanwalt für Medienrecht erörtert ein aktueller Fall, in der eine persönliche Mission eines Twitterers dem Gericht zu weit ging.
Beschuldigung von Plagiat auf Twitter
Der
Kläger
Die Partei, die in einer Rechtssache zum Erscheinen vor Gericht vorgeladen wird, wird als der Beklagte bezeichnet. Im Gegensatz dazu steht der Kläger, das ist die Partei, die die Rechtssache eingeleitet hat...
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Kläger war in dieser Angelegenheit Hersteller einer wiederverwendbaren Wasserflasche, der sog. Dopper. Diese Flasche war der Sieger in einem vom Kläger veranstalteten Entwurfswettbewerbs. Beim Beklagten handelte es sich um einen Konkurrenten des Klägers. Der
Beklagter
Die Partei, die in einer Rechtssache zum Erscheinen vor Gericht vorgeladen wird, wird als der Beklagte bezeichnet. Im Gegensatz dazu steht der Kläger, das ist die Partei, die die Rechtssache...
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Beklagte bezichtigte den Kläger auf Twitter des Plagiats. Der Beklagte bezeichnete die Dopper als eine Kopie einer Flasche, die bereits seit über 15 Jahren in Russland auf dem Markt ist.
Verbot verletzender Äußerungen im Eilverfahren
Der Beklagte nahm die Sache offensichtlich sehr ernst, denn er fing eine umfassende Kampagne gegen den Kläger auf Twitter an. Er reagierte systematisch auf alle Twitter-Nachrichten, die der Kläger (Dopper) veröffentlichte oder über ihn veröffentlicht wurden. In diesen Reaktionen bezichtigte der Kläger den Kläger auf undifferenzierte Weise der Verletzung von Urheberrechten, des Diebstahls, des Green-Washings und anderer in böser Absicht durchgeführter Praktiken. Der Kläger forderte in einem Eilverfahren das Verbot solcher negativer Äußerungen.
Berufung auf freie Meinungsäußerung
Der Beklagte berief sich selbstverständlich auf die freie Meinungsäußerung, die ihm als ‘kritischem, veröffentlichendem Bürger‘ zusteht. Diese Freiheit bedeute auch, dass ein gewisses Maß an Übertreibung und / oder Provokation erlaubt sei – zumal in den sozialen Medien, so der Beklagte. Das Gericht begründet, dass ein gewisses Maß an Übertreibung je nach dem Kontext und vor allem in Kolumnen zwar ein zulässiges Stilmittel ist, um den Inhalt zu betonen. Aber ein feste und eindeutige Behauptung, dass es sich bei etwas um Plagiat handele, während davon in Wirklichkeit überhaupt nicht die Rede ist, kann nicht als Übertreibung gesehen werden.
Gericht: keine objektive Berichterstattung, sondern Hetze
Nach Ansicht des Gerichts sind die Äußerungen des Beklagten als eine undifferenzierte Mischung von suggestiven, groben Behauptungen und besonders eindeutigen und als Tatsache vorgebrachten Beschuldigungen zu kennzeichnen. Wegen der Vielzahl der Nachrichten und der spezifische undifferenzierte Wortwahl (‘Das haben wir nicht gewusst’, Doppergate, Betrüger) hat man es hier außerdem nicht (mehr) mit einer objektiven Berichterstattung oder einer persönlichen Meinung zu tun, sondern mit einer persönlichen Mission. Mit einer, wie es das Gericht nennt, „Hexenjagd“.
Kritisches Folgen von Social Enterprise im öffentlichen Interesse
Ein zusätzlicher Faktor ist das Profil des Klägers als Social Enterprise. Bei dem Kläger handelt es sich um ein Unternehmen mit einem gesellschaftlichen Auftrag, das sich seit seiner Gründung dem Zurückdrängen der Nutzung von Petflaschen in großem Stil versprochen hat. Nach Ansicht des Beklagten versuchen Unternehmen, die sich mit einem solch hohen Profil manifestieren, bewusst auf den menschlichen Bedarf, ‚Gutes zu tun‘, zu reagieren. Von solchen Unternehmen darf nach Ansicht des Beklagten erwartet werden, dass sie auch selbst hohen Maßstäben entsprechen müssen, und sie dürfen dazu auch öffentlich herausgefordert werden.
Rufschäden bei Social Enterprise irreparabel
Dem stimmt das Gericht zu. Mit dem kritischen Folgen jener Unternehmen in der Aufrichtigkeit ihrer Anreize und der Integrität ihres betriebsmäßigen Handelns ist tatsächlich ein gesellschaftliches Interesse verbunden. Gleichzeitig sind Social Enterprises auch in diesem Sinne verletzbar. Leichtfertige Beschuldigungen von Handlungen, die gegen dieses Profil verstoßen, können schon sehr bald zu erheblichem Rufschaden führen. Ein solcher Schaden lässt sich dann schwer beseitigen. In diesem Rahmen sind die zurückgewiesenen Äußerungen des Beklagten daher umso schädlicher. Dem beantragten Verbot wird stattgegeben.