Niederländische Richterin erlaubt Besetzern der Amsterdamer Villa eines russischen Oligarchen zu bleiben
Die für einstweilige Verfügungen beim Amsterdamer Bezirksgericht zuständige Richterin hat gestern die Klage des Gründers der russischen Suchmaschine Yandex, Arkadi Wolozh, auf Räumung seines besetzten Hauses in Amsterdam abgewiesen. Der Anwalt für Prozessrecht Onno Hennis erläutert das Urteil.
Hintergrund
Wolozh, nach Angaben hochrangiger europäischer Beamter ein Unterstützer Putins, ist seit 2018 für 3,4 Mio. EUR (indirekt) Eigentümer einer Immobilie im Amsterdamer Vondelpark geworden. Fast unmittelbar nach dem Erwerb der Immobilie begann Wolozh eine umfassende Renovierung. Teil der geplanten Renovierung war die Schaffung einer neuen Wohnung und eine damit verbundene Umnummerierung.
Sanktionen
Aufgrund des Einmarsches Russlands in der Ukraine wurde Wolozh Anfang Juni 2022 auf die europäische Sanktionsliste gesetzt. Die auf den Britischen Jungferninseln ansässige Gesellschaft wurde nicht auf die Sanktionsliste gesetzt. Zu den Folgen der Sanktionsvorschriften gehört das Einfrieren der finanziellen Vermögenswerte und wirtschaftlichen Ressourcen von Wolozh in der Europäischen Union. Außerdem kann Wolozh nicht in die Europäische Union einreisen.
Hausbesetzer
In einem geeigneten Moment besetzt eine kleine Personengruppe das gesamte Haus. Schlösser werden ausgetauscht und ukrainische Flaggen am Gebäude aufgehängt. Außerdem werden Transparente mit pro-ukrainischen Texten gehisst und von dem besetzten Gebäude aus wird gegen die Wohnungsnot protestiert.
Standpunkt Wolozh
Wolozh ist der Meinung, dass das Haus geräumt werden muss, damit die Renovierungsarbeiten abgeschlossen werden können. Dabei führt er aus, dass das Eigentumsrecht die freie Verfügung über sein
Eigentum
Das Eigentum (juristische Eigentum) ist das umfassendste Recht, das man an einer Sache haben kann. Es ist das Recht, nach eigenem Ermessen über eine Sache (Grundstück, Gegenstand, Geldmenge etc.) zu verfügen...
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Eigentum voraussetzt. Hausbesetzungen sind strafbar und damit gegenüber ihm rechtswidrig.
Standpunkt der Hausbesetzer
Die Besetzer sind jedoch der Ansicht, dass ihr Wohnrecht Vorrang vor den Eigentumsrechten von Wolozh haben muss. Darüber hinaus argumentieren sie, dass während der Dauer der Sanktionen keine Renovierungsarbeiten durchgeführt werden dürfen und es unwahrscheinlich sei, dass Wolozh und seine Familie das Haus selbst bewohnen werden.
Urteil der Richterin
Die Richterin gibt den Hausbesetzern Recht. Sie ist der Ansicht, dass die Vermögenswerte von Wolozh nach den Sanktionsvorschriften nicht im Wert steigen dürfen. Aufgrund der Renovierung wäre dies der Fall. Außerdem hält es die Richterin für einstweilige Verfügung für unwahrscheinlich, dass Wolozh die Immobilie selbst nutzen wird. Schließlich ist das Haus noch nicht fertig gestellt und außerdem gilt ein Einreiseverbot. Obwohl Wolozh offenbar einen „goldenen” maltesischen Pass besitzt (mit dem man immer noch reisen kann), wird erwartet, dass die Europäische Union dem bald ein Ende setzen wird.
Vorläufiges Urteil
Damit sind die Hausbesetzer vorerst in Sicherheit. Es handelt sich dabei um ein vorläufiges Urteil. Dagegen kann Wolozh noch in
Berufung
Im Niederländische Zivilverfahrensrecht gibt es den Grundsatz, dass die Prüfung in zwei Instanzen stattfindet: jedermann hat das Recht, eine erneute Behandlung eines Gerichtsstreits durch ein höheres Gericht zu beantragen.
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Berufung gehen. Darüber hinaus könnte er auch ein Verfahren in der Sache selbst einleiten. Dabei könnte Wolozh bei der niederländischen Regierung eine Befreiung von den Sanktionsvorschriften beantragen. Ob er das tut bleibt abzuwarten.