Untersuchungsverfahren (enquete) in den Niederlanden
Das niederländische Gesellschaftsrecht kennt ein besonderes Verfahren, um eine Untersuchung der Abläufe und der Geschäftsführung zu ermöglichen: die sogenannte enquête-procedure (Untersuchungsverfahren).
Seit 1971 ist das niederländische „Enquêteverfahren“ (im Deutschen auch Untersuchungsverfahren oder Erhebungsverfahren genannt) im Bürgerlichen Gesetzbuch (BW) der Niederlande verankert.
Der Grundgedanke ist, dass die Unternehmenskammer (Ondernemingskamer), eine Sonderkammer des Berufungsgerichts in Amsterdam auf Antrag eines Aktionärs, eines Zertifikatinhabers, einer betroffenen Betriebsrat oder des Unternehmens selbst eine Untersuchung der Geschäftsführung und Abläufe der juristischen Person anordnen kann.
Dies kann eine Genossenschaft oder einen Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit betreffen, aber in der Praxis handelt es sich fast immer um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (im Niederländischen “B.V.”) oder eine Aktiengesellschaft (“N.V.”).
Die Revision wird von einer oder mehreren Personen durchgeführt, die von der Unternehmenskammer zu diesem Zweck bestimmt werden. Die Unternehmenskammer gibt dem Antrag auf Anordnung einer Untersuchung nur statt, wenn „begründete Zweifel einer korrekten Unternehmensführung” bestehen.
Neben der Überprüfung können auch Sofortmaßnahmen beantragt werden, die tiefgreifende Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit der juristischen Person haben können.
Das Untersuchungsverfahren zielt darauf ab, durch Sanierungsmaßnahmen innerhalb des Unternehmens der betroffenen juristischen Person die gesunden Verhältnisse zu sanieren und wiederherzustellen.
Weitere Ziele des Untersuchungsverfahrens sind die Aufklärung von Vorgängen, die Feststellung, wer für ein möglicherweise offenkundiges Fehlverhalten verantwortlich ist und die präventive Wirkung, die von der möglichen Einleitung einer Untersuchung ausgeht.
Beispiele aus der Praxis für Untersuchungsverfahren in den Niederlanden:
- Pattsituationen zwischen gleich beteiligten Gesellschafter (50 50, paritätische Gesellschaft), wenn keiner der Gesellschafter eine Stimmmehrheit hat, sodass keine Mehrheitsbeschlüsse gefasst werden können
- Berufungsverfahren gegen gerichtliche Anordnungen aus den Niederlanden (z.B. bei einer Kapitalherabsetzung, Fusion oder Kapitalherabsetzung)
- Einsprüche gegen die Ernennung von Aufsichtsratsmitgliedern in den Niederlanden
- Missmanagement der Geschäftsführung oder des Vorstandes feststellen
- Squeeze-out-Verfahren (Übertragung von Aktien durch Minderheitsaktionäre)
- “Aushungern” der Minderheitsgesellschafter
- Abberufung der Geschäftsführung und Verlust der Mehrheitsbeteiligung eines mehrheitsbeteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer
- Verwässerung der Beteiligungsverhältnisse von Minderheitsgesellschaftern infolge von Entschluss der Mehrheitsgesellschafter über Kapitalerhöhung unter Ausschluss von Bezugsrechten
- Anfechtung von Beschlüssen wegen formellen oder materiellen Fehlern
- unerlaubte/deliktische Handlung
Deutschsprachige Anwälte für Ermittlungsverfahren in den Niederlanden
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