Insolvenz möglich nach ”Turbo-Liquidation”
In einem kürzlich entschiedenen Fall bestätigte das Gericht in Den Haag die Insolvenz einer B.V. (GmbH nach niederländischem Recht), obwohl die Gesellschaft nach dem Insolvenzantrag, jedoch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, mittels einer sogenannten Turbo-Liquididation aufgehört hatte zu bestehen. Rechtsanwältin Insolvenzrecht in den Niederlanden Marco Guit bespricht die Möglichkeit der Insolvenz einer Gesellschaft nach Liquidation.
Turbo-Liquidation
Mit dem Begriff Turbo-Liquidation wird die Auflösung einer Gesellschaft gemäß Artikel 2:19, Absatz 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches der Niederlande (BW) verstanden. Vor dem Auflösungsbeschluss muss die Gesellschaft die Liquidation aller Vermögenswerte durchgeführt haben, sodass keine Aktiva mehr vorhanden sind. Dadurch verfällt ein (formelles) Liquidationsverfahren.
Insolvent trotz Auflösung
In vorliegendem Fall allerdings betrieben die Geschäftsführer der B.V. die Turboliquidation, nachdem sie bereits einen Ladungstermin zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhalten hatten war, in dem das Gericht die Insolvenz der Gesellschaft verkündete. In der
Berufung
Im Niederländische Zivilverfahrensrecht gibt es den Grundsatz, dass die Prüfung in zwei Instanzen stattfindet: jedermann hat das Recht, eine erneute Behandlung eines Gerichtsstreits durch ein höheres Gericht zu beantragen.
» Meer over berufung
Berufung führte die Gesellschaft an, die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens sei mangels bekannter Aktiva zur Zeit des Auflösungsbeschlusses unzulässig. Tatsachen und Umstände hätten ebenfalls auf keine weiteren Vermögenswerte schließen lassen.
Beendigung der Existenz trotz Schulden
Nach Auffassung eines Gläubigers war die Auflösung einer überschuldeten juristischen Person nicht Sinn und Zweck des obengenannten Artikels 2:19, Absatz 4. Nach einem Auflösungsbeschluss habe die Liquidation im Prinzip durch die Geschäftsführung erfolgen müssen, und bei Zahlungsunfähigkeit sei die Geschäftsführung zur Stellung eines Insolvenzantrags verpflichtet gewesen. Dementgegen bleibt das Gericht bei der Aussage des obigen Artikels 2:19, eine
Juristische Person
Das Bürgerliche Gesetzbuch kennt keine allgemeine Definition der juristischen Person. Aber es wird (in Art. 3:1-3:2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) bestimmt, dass der Staat und niederrangige Behörden, sonstige behördliche...
» Meer over juristische Person
Juristische Person ohne Vermögenswerte, ungeachtet des Vorhandenseins von Gläubigern, höre auf zu bestehen.
Beurteilung ex nunc: ab dem jetzigen Zustand
Eine Beurteilung in der Berufung bemisst sich in solchen Fällen nach dem Zustand zum Zeitpunkt des Verfahrens (ex nunc). Zuerst bestätigt das Gericht die Erfüllung aller zum Insolvenzeröffnungsverfahren erforderlichen Voraussetzungen. Hierbei wird angemerkt, dass eine Gesellschaft ohne vorherige Wiedereröffnung der Liquidation gemäß Artikel 2:23c des BW nach der Auflösung insolvent erklärt werden kann.
Vermögenswerte vorhanden: Verletzung Publizitätspflicht
Nachdem sich gezeigt hatte, dass die Gesellschaft die Veröffentlichung der Jahresabschlüsse unterlassen hatte, konstatierte das Gericht trotz dargelegter Vermögenslosigkeit (inzwischen) die Anwesenheit von Vermögenswerten. Diese Unterlassung wird der Geschäftsführung als grobe Pflichtverletzung vorgeworfen. Die Vernachlässigung der Pflichten war vermutlich auch eine der Hauptursachen der Insolvenz. Zwar sind die nachträglich angetroffenen Vermögenswerte bei genauer Betrachtung keine Vermögenswerte der Gesellschaft, sondern Bestandteil der Insolvenzmasse. Dies bedingt eine weiträumige Auslegung der Definition von Vermögenswerten, die zur Bestätigung der Insolvenz führt.
Rechtsanwalt in den Niederlanden
AMS Advocaten verfügt über große Erfahrung auf dem Gebiet von Insolvenz- und Unternehmensrecht. Sollten Sie Fragen zur Aufhebung eines Insolvenzverfahrens in der Berufung oder zu einem Insolvenzantrag haben, sind wir Ihnen jederzeit gern behilflich!